Große Singerunden mit vielen Gästen aus befreundeten Stämmen und Bünden gehören für uns mittlerweile schon zur Tradition, aber diesmal war alles noch ein bisschen größer als sonst. Neben Gästen der Stämme Greif (Wetzlar), Chatten (Wettenberg), Feuerreiter (Braunfels) und Graue Bären (Oberursel) haben auch fast 40 zum größten Teil aus Syrien und Afghanistan geflüchtete Menschen mit uns gesungen, gelacht und Tschai getrunken.

Wie viele Flüchtlinge sind in diesem Jahr nach Deutschland gekommen? Keine Ahnung, aber einige Familien und allein reisende Jugendliche sind vor Kurzem unsere Nachbarn geworden. Da lag für uns die Idee nahe, Kontakt aufzunehmen und sie spontan zu unserem Winterlager einzuladen. Die Verantwortlichen der Stadt und des Ortsteils wie auch der zuständige Sozialarbeiter waren sehr offen und luden uns gleich ein, bei einem Begegnungskaffee im Dorf vorbeizuschauen.

Odersbach ist BUNT!

Die Herzlichkeit der Odersbacher [1] bei diesem Begegnungskaffee [2] war überwältigend. Es gab selbstgebackenen Kuchen und Plätzchen, Kaffee, Tee und Kakao für die Kinder. Höhepunkt des Begegnungskaffees war der Besuch des Nikolauses, der allen Kindern Schokolade und sogar einige Weihnachtsgeschenke brachte. Beim Kaffeetrinken kamen wir dann mit einem syrischen Berufsschullehrer ins Gespräch. Trotz seiner kurzen Aufenthaltszeit in Deutschland sprach er schon sehr gut Deutsch. Den Abschluss des Kaffeetrinkens bildete ein Liedbeitrag unseres Stammes, der uns mit viel Applaus gedankt wurde. Bei dieser Gelegenheit luden wir unsere neuen Nachbarn auch für Abends zu unserer Singerunde ein. Die Einladung wurde von unserem neuen Freund auch gleich ins Arabische übersetzt. Dank der positiven Resonanz freuten wir uns auf einen gemütlichen Abend mit einigen Gästen.

Schnell Kontakt geknüpft

Während unseres Programms und der Vorbereitungen für den Abend kamen dann bereits zwei Jungendliche zu unserem Stammesheim. Nach einer Partie Fußball mussten die Meisten von uns leider wieder an die Arbeit. Einige Sipplinge spielten aber zusammen mit den gleichaltrigen Jugendlichen weiter und brachten sich gegenseitig Deutsch und Arabisch bei. Bis die Jungs zurück zum Abendessen mussten, wurden dann noch schnell die Handynummern ausgetauscht, um auch über die Feiertage in Kontakt bleiben zu können.

Schließlich wurde es Abend und die ersten Gäste trafen ein. Zunächst kamen die Jugendlichen, mit denen wir uns bereits am Nachmittag angefreundet hatten, und unser Übersetzer vom Kaffeetrinken mit ihren Familien. Die gemütlichen Bänke waren schnell voll. Dann kamen nach und nach mehr Gäste und auch die dazugestellten Stühle waren am Ende bis auf den letzten Platz besetzt. Wir waren glücklich, dass unsere Einladung so gut aufgenommen wurde, aber ehrlichgesagt auch ein bisschen überfordert. Mit so vielen Menschen hatten wir nicht gerechnet.

Herzlich Willkommen – وسهلا أهلا – ‚Ahlan wa-sahlan

Der Abend wurde dann aber ein voller Erfolg. Es gab Tschai und Kekse, kommuniziert wurde notfalls mit Händen und Füßen oder was nötig war wurde wie zuvor übersetzt. Zunächst sangen wir ein paar unserer Lieder, die unsere Gäste so gut es ging mitsangen und mit Trommeln und Klatschen begleiteten. Dann spielten wir ein Singspiel. Besonderen Spaß hatten alle an der Quietschiejagd mit arabischen Untertiteln. Wir hatten die wichtigsten Worte für das Spiel vorher in einem Wörterbuch nachgeschlagen und mit einer Strichzeichnung und der deutschen Übersetzung auf ein Plakat geschrieben. Oder eher abgemalt… Schlaufe, zwei Striche, ein Strich, Schlaufe oben und unten, langer Strich und Bogen… Ja, sieht ungefähr aus wie das Wort für Willkommen im Wörterbuch… Diese Plakate hielt einer von uns dann während der Quietschiejagd im richtigen Moment hoch. Auf unsere Versuche, das arabische Wort auszusprechen folgte großes Gelächter, aber dank der kleinen Bilder und unserer wohl gar nicht so schlechten Versuche, Arabisch zu schreiben, bekamen wir von unseren Gästen dann auch die richtige Aussprache zu hören und alle wussten, was bei unserer Quietschiejagd gerade geschah. Schließlich sangen unsere Gäste uns auch einige Arabische Lieder vor, bei deren Refrain wir dann versuchten, so gut es ging mitzusingen.

Aber auch der schönste Abend geht zu Ende und wir müssen gestehen, dass wir ziemlich platt waren. Nachdem unsere Gäste sich verabschiedet hatten, haben wir den Abend dann noch alleine mit den anwesenden Pfadfinderinnen und Pfadfindern ausklingen lassen. Wir waren froh, dass alles so gut geklappt hatte. Unterstützt wurde die Aktion von der Stiftung Pfadfinden, vielen Dank dafür! Es war für uns ein Abenteuer zu dessen Beginn wir nicht wussten, was passieren würde, aber es hat sich gelohnt. Nach der Aktion haben einige der Jungs sogar mit Sipplingen unseres Stammes Silvester gefeiert. Wer weiß, was sich aus dieser ersten gemeinsamen Aktion noch entwickelt…


 

[1] Odersbach ist der Ortsteil von Weilburg, in dem unser Stammesheim liegt.

[2] Artikel über das Begegnungskaffe auf Oberlahn.de

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